Volkslieder aus der spanischen Renaissance
… singen Amigas Cantan (deutsch: Freundinnen singen). Die Lieder entstanden in einer Zeit, in der Spanien zur christlichen Weltmacht aufstieg. Die Wiedereroberung des Landes durch die Katholiken ist mit der Einnahme der letzten Maurischen Festung in Granada 1492 vollzogen – und Christoph Kolumbus entdeckt für die spanische Krone Amerika.
Musikalisch bedeutet die Renaissance nicht nur in Spanien, sondern in ganz Europa den Abschluss der Stimmeinteilung in Sopran, Alt, Tenor und Bass. Diese Einteilung gilt von nun an als Standard für Chorsätze. Ay Linda Amiga und Ay triste que vengo sind in dieser Stimmeinteilung gesetzte mehrstimmige Lieder. Sie sind bis heute in ganz Spanien bekannt und werden von zahlreichen Chören gesungen.
Amigas cantan (Freundinnen singen), der spanische Frauenchor, besteht aus elf Sängerinnen, die sich über einen anderen Chor kennen lernten. Schnell fand sich eine neue Gruppe von Spanier/innen und spanischaffinen Sänger/innen zusammen, die unter der Leitung eines Lehrers aus dem nordspanischen Navarra große Begeisterung für die spanische Volksmusik empfand. Das lag nicht zuletzt daran, dass er über eine reiche Partitursammlung verfügte, die er ständig erweiterte. Sein Wohnzimmer wurde zum Zentrum der Pflege spanischer Liedkultur. Dort fanden die Chorproben statt. 2008 löste sich die damalige Gruppe jedoch auf und fand aus Anlass von “Heimatlieder aus Deutschland” weider zusammen . Heute proben sie wieder gemeinsam.
01. Ay Linda Amiga
Ach liebste Freundin,
ich werde Dich nicht mehr sehen,
Deinen schönen Körper,
dieser Schmerz führt mich zum Tode.
Es gibt keine Liebe ohne Leid,
kein Leid ohne Schmerz,
kein Schmerz ist so stark
wie der der Liebe.
Anonym, Spanien 16. Jahrhundert
Ay Linda Amiga (Ach, liebste Freundin) ist aus dem 16. Jahrhundert und anonymer Herkunft. Es besingt die Unmöglichkeit und den Schmerz der Liebe.
02. Ay triste que vengo
Ach ich bin so traurig
Besiegt von der Liebe,
Ich armer Schäfer !
Pavana (Schreittanz) des Juan del Encina, aus einem Liederbuch der Jahre 1468-1529
(Ach, ich bin so traurig) ist das Liebeslied eines Schäfers für eine fremde und unerreichbare Frau, geschrieben von Juan del Encina, ein Geistlicher, Komponist, Poet und Dramatiker. Geboren 1468 in der Nähe von Salamanca, arbeitete er an verschiedenen Spanischen Höfen und Kirchengemeinden in Spanien und Italien, pilgerte nach Jerusalem und war in den letzten Jahren seines Lebens Prior der Bistums Léon am Jacobsweg. Er starb um die Jahreswende 1529/1530 und wurde in seiner Heimatstadt Salamanca begraben. Geistliche Werke von del Encina sind nicht überliefert, bekannt sind neben seinen Dramen (z. B. Plácida y Victoriano) viele weltliche Tanzlieder wie Ay triste que vengo, eine Pavane. Pavane bezeichnet einen gradtaktigen, ruhigen Schreittanz spanisch-italienischer Herkunft, der in der Renaissance seine Blüte erlebte.