Lieder aus Syrien
„Unsere Volkslieder erzählen vom Leben“
Das Duo Bayat sind Bashar Ismail und Lava Mouslam. Die Beiden leben seit 2015 in Deutschland. Bashar ist Komponist, spielt Oud und Baghlama und hat Musik in Syrien studiert. Lava ist Sängerin und studierte in Syrien Maschinenbau. Inzwischen studieren beide an der Europauniversität Viadrina in Frankfurt (Oder).
Bashar und Lava über ihre Heimat und ihre Heimatlieder
Hallo Lava, hallo Bashar! Wo genau kommt ihr eigentlich her?
Aus Aleppo, Syrien.
Und seit wann seid ihr hier?
Seit dem 27. Juli 2015.
Wie seid ihr hergekommen?
Von Syrien in die Türkei zu Fuß, dann von der Türkei nach Griechenland mit dem Schlauchboot übers Meer. Dann zu Fuß von Griechenland weiter nach Mazedonien, Serbien, dann nach Ungarn, und dann mit dem Taxi nach Deutschland.
Wie lange wart ihr unterwegs?
35 Tage.
Was hattet ihr auf der Flucht dabei? Konntet ihr überhaupt etwas mitnehmen?
Bashar: Gar nichts, es musste in Syrien vieles verkauft werden um das Geld für die Flucht zu haben: Ich habe meine Oud verkauft, und die Gitarre, Haushaltsgeräte, viele Dinge.
Aber Lieder habt ihr mitgebracht!
Bashar: Wir haben eine Menge Volkslieder mitgebracht, in denen wir über das Leben erzählen.
Was sind das für Lieder?
Bashar: Diese Volkslieder repräsentieren ganz verschiedene Kulturen in Syrien, zum Beispiel die kurdisch-arabische Kultur.
Wenn einer gestorben ist, singen die Frauen ein bestimmtes Lied, sie fragen „Warum bist du gestorben?“ und so weiter. Oder es gibt Musik, die man meistens mit anderen hört, Tarab Musik. Ein Lied handelt von dem Tag vor der Hochzeit, wenn die Braut mit Henna bemalt wird. Es gibt Lieder über die Mutter, wenn man sie vermisst, und über die Heimat, das sind sehr schöne Lieder. Manchmal werden nur Geschichten erzählt, zum Beispiel über ein Liebespaar, das hat mein Opa gesungen, ein Lied darüber, wie sich ein Paar kennen lernt und so weiter.
Was für Instrumente braucht man denn für diese Art von Musik?
Bashar: Man braucht nicht unbedingt Instrumente, um diese Lieder zu spielen. Es reicht eine Oud oder eine Baglama oder einfach eine Darbuka, weil diese Lieder mehr vom sprachlichen Ausdruck der Sängerin abhängen.
Bashar, deine Oud hast du also in Syrien verkauft. Wie hast du hier eine neue gefunden? War das schwierig? Hier gibt es ja nicht an jeder Ecke eine Oud.
Bashar: Im Internet habe ich einen Musikladen in Berlin gesucht und fand auch einen. Dort kaufte ich diese Oud und die Baglama. Das war nicht schwer.
Spielst du weitere Instrumente? Welche?
Bashar: Also ich spiele Oud und Baglama, und ein bisschen Gitarre.
Nochmal zu den Liedern. Was ist typisch für syrische Volkslieder?
Bashar: Die syrischen Volkslieder haben einfache Melodien und eine einfache Sprache. Sie leben entscheidend vom Ausdruck der Sängerin oder des Sängers.
Ihr singt auch kurdische Lieder. Gibt es eigentlich viele Kurden in Syrien?
Bashar: Ja, manche von unseren Liedern sind kurdisch. Und es gibt über 5 Millionen kurdische Menschen in Syrien.
Lava, du trägst immer so besondere Kleider. Und auch dein Schmuck ist sehr ungewöhnlich, zum Beispiel der Stirnschmuck! Wie eine Prinzessin aus dem Märchen! Ist das eine Tracht?
Lava: Die Kleider hat meine Mutter genäht, der Schmuck stammt aus Kurdistan und ist ein Geschenk von meiner Schwester.
Wie seid ihr zum Singen gekommen? Ihr singt ja zusammen.
Bashar: Als ich 11 Jahre alt war, fing ich an mit der Musik und spielte auf der Baglama. 2011 habe ich Lava getroffen, und dann haben wir zusammen Musik gemacht.
Wie seid ihr zum Projekt „Heimatlieder aus Deutschland“ gekommen?
David von La Caravane du Maghreb und ich, wir haben einen gemeinsamen Freund. So hat David angerufen und fragte, ob wir im Heimatlieder Projekt mitspielen wollten.
Kanntet ihr all die Musiken, die dort gespielt werden?
Bashar: Nein, nicht alles.
Gibt es Musik im Projekt, die euch besonders nah ist?
Bashar: Ja, für mich die kubanische Musik, die ist so lustig.
Lava: Für mich ist das Finale immer ein großer Spaß, besonders wenn das Publikum zur Musik mittanzt.
Was hat euch am meisten überrascht?
Bashar: Jaaaa… Jochen ist sehr lang und die Vietnamesen sind schräg.
Lava: Der Geist der Zusammenarbeit. Der Spirit.
Kennt ihr auch schon deutsche Lieder? Was findet ihr daran schwer oder leicht?
Lava: Ja, zum Beispiel „Ich hab noch einen Koffer in Berlin“ von Marlene Dietrich. Es ist einfach und so warm.
Ihr wart ja auch schon mit den Heimatliedern auf großer Fahrt, in Stuttgart oder Hamburg! Wie gefällt euch das?
Bashar: Das waren wunderbare Reisen nach Stuttgart und Hamburg. Aber Berlin gefällt mir noch besser als die anderen Städte.
Was wünscht ihr euch?
Lava: Ich wünsche mir natürlich, mehr Musik zu machen, und ich möchte mit einem Studium als Biologielehrerin anfangen.
Bashar: Ich möchte auch gern mehr Musik mit den Heimatliedern machen, und ich möchte mit einer Ausbildung als Mechatroniker anfangen.
Inzwischen haben Bashar und Lava auch eine Katze. Sie heißt “Kamin”, das ist arabisch und heißt so viel wie umkippen oder fallen, weil das Kätzchen am Anfang so tapsig war.